Interview: Vom Hinterhof zur Champions League
100 Jahre zu überstehen schafft nicht jedes Unternehmen. Was hat STIEBEL ELTRON anders oder besser gemacht als andere?
STIEBEL ELTRON hat sich in ihrer Geschichte vor allem durch Pioniergeist und Innovation hervorgehoben. Der unermüdliche Ansatz, sich und die Produkte stets weiterzuentwickeln und neu zu erfinden, hat massgeblich zur Erfolgsgeschichte beigetragen. Wir hatten und haben noch immer sehr hohe Ansprüche an uns, unsere Produkte und unsere Dienstleistungen und wollen die Qualität stetig steigern. Nicht zuletzt ist auch die Tatsache, dass wir nach wie vor ein Familienunternehmen sind, einer unserer Erfolgsfaktoren. Und dies bei weltweit über 6000 Mitarbeitenden. Unternehmensgewinne werden in die Firma und Mitarbeitenden reinvestiert.
Welches waren die Meilensteine in der Firmengeschichte?
Als Dr. Theodor Stiebel 1924 in seiner Hinterhofwerkstatt in Berlin den Ringtauchsieder erfindet und produziert, schlägt er das erste Kapitel der erfolgreichen Unternehmensgeschichte von STIEBEL ELTRON auf. Er gründete ein Werk, welches im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört wurde. 1944 zog Dr. Theodor Stiebel daher mit dem Unternehmen ins niedersächsische Holzminden. Dort befindet sich der Hauptsitz noch heute. 1949 war die Produktion des ersten hydraulischen Durchlauferhitzers der nächste grosse Meilenstein. Der für uns heute bedeutendste Wendepunkt war im Jahr 1976: STIEBEL ELTRON begann mit der Entwicklung und Produktion von Wärmepumpen. So wurde bereits vor 48 Jahren der Grundstein für unseren Erfolg durch innovative Produkte gelegt, die heute fast Standard sind.
Die Produktion ins Ausland zu verlagern haben Firmen in Zeiten unterbrochener Lieferketten schon oft bereut. Wie ist das bei STIEBEL ELTRON?
STIEBEL ELTRON produziert weltweit an verschiedenen Standorten. Der strategische Fokus lag aber schon immer auf lokalen Produktionsstätten. So wird im asiatischen Raum für den dortigen Markt und an mehreren Standorten in Deutschland für den europäischen produziert. Bereut wurde dies bislang noch nie. Im Gegenteil: Der Produktionsstandort Deutschland steht für höchste Qualität, agile Logistik und nicht zuletzt auch für Nachhaltigkeit. Wir sehen die geographische Nähe sowohl als Wettbewerbsvorteil im Hinblick auf die Lieferketten, aber auch als Verpflichtung.
Im Gegensatz zur Konkurrenz hat STIEBEL ELTRON sich immer auf elektrisch betriebene Produkte konzentriert. Hat das der Firma Vorteile verschafft, die heute genutzt werden können?
Diese Frage würde ich ganz klar mit «Ja» beantworten. Retrospektiv gesehen war Theodor Stiebel nicht nur Innovator, sondern auch Visionär. Diese Mentalität prägt unsere Firma auch nach 100 Jahren noch stark. Dass Strom sich als Energieträger noch mehr etablieren wird, davon sind wir überzeugt. Durch unsere lange Geschichte der Forschung und Entwicklung in diese Richtung konnten wir uns viel Wissen aneignen. Die Entwicklung und Produktion von Wärmepumpen seit knapp 50 Jahren gibt uns sicherlich einen gewissen Vorteil gegenüber Marktbegleitern, die noch nicht so lange auf dem Wärmepumpenmarkt agieren. Hier spielen Erfahrungswerte, langjähriges Know-how und auch eine über die Zeit gewachsene Produktion, die komplett auf nachhaltige Systeme ausgelegt ist, eine zentrale Rolle.
Die Funktionsweise der Wärmepumpe ist hinlänglich bekannt. Gibt es trotzdem noch ungenutztes technisches Potenzial, respektive wie sehen Sie die Zukunft der Wärmepumpe?
Zieht man den Vergleich der heutigen Wärmepumpen zu denjenigen noch vor 10, 20 oder 30 Jahren, so zeigt sich ein unglaublicher technologischer Wandel. Sowohl Leistung, Schallemissionen, Grösse der Anlagen, aber auch die Effizienz haben sich massiv verbessert. Natürlich ist es immer schwierig zu prognostizieren, was die Zukunft noch bringen wird, respektive wo die grössten technologischen Fortschritte liegen werden. Wir denken jedoch, dass sich in den nächsten Jahren in folgenden Bereichen sicherlich noch einiges tun wird: In puncto Effizienz (COP-Werte), geringere Schallwerte und – was die Branche aktuell am meisten umtreibt – GWP-Werte (Global Warming Potential), also bezüglich Umweltverträglichkeit des eingesetzten Kältemittels. Aktuell findet eine Umstellung auf das umweltfreundliche Kältemittel R290 statt. Dies dürfte die grösste technische Innovation sein.
Bei Neubauten in der Schweiz ist die Wärmepumpe mehr oder weniger Standard. Schwieriger ist es im Sanierungsbereich. Wie sehen Sie hier die Chancen der Wärmepumpe?
Die Chancen im Sanierungsbereich stehen durchaus gut. Seit 2019 werden schweizweit fossile Heizsysteme öfters durch nichtfossile ersetzt als durch fossile Energieträger. Kurz gesagt: Bei Öl- und Gas-Heizungen ist der 1:1-Ersatz stark gesunken zugunsten von Heizungen mit erneuerbaren Energien. Hinzu kommen gesetzliche Bestimmungen, welche zunehmend den Einbau von Öl- und Gasheizungen bei Sanierungen behindern oder gar verbieten. Die Fahrtrichtung in der Sanierung ist somit klar. STIEBEL ELTRON ist im Sanierungsbereich stark vertreten, da sich unsere Wärmepumpen aufgrund diverser technischer Auslegungen (hohe Vorlauftemperaturen, gute Einbringmasse usw.) bestens dafür eignen.
